Die Geschichte der Pfingstbewegung #7

Ivan Antonovich Levchuk

Sein ganzes Leben – ein Kampf

„Ich bin meinem Gott dankbar, dass ich in diesem Land leben und für den Namen Jesu Christi leiden darf“ 

(Zitat Lewtschuk) 

Einfaltspinsel, Faschist oder doch durch und durch verrückt? Die Staatsbeamten der Sowjetunion fanden keine weiteren Erklärungen für den Menschen hinter der Akte „Ivan Antonovich Levchuk“. Bereits zum 4. Mal in Folge stand dieser Mann wiederholt wegen der gleichen Anklage vor Gericht. Hinter ihm lagen bereits Jahrzehnte des Aufenthalts in Gefängnissen und Straflagern – und dennoch ließ er nicht von seinem Glauben  ab. Ja, er war sogar willig bereit, weitere Jahre der Entbehrungen und der Folter auf sich zu nehmen. 

Doch was hatte diesen „Abweichler“ – so wurden die Christen zu dieser Zeit genannt – in seiner Meinung so gefestigt? 

Wer gab diesem Mann die Kraft des Widerstands gegenüber der Gott verachtenden Ideologie einer gesamten Nation?

Kindheit und Einberufung ins Militär 

Die Wurzeln seines Glaubens fanden ihren Ursprung bereits in den frühen Jahren seiner Kindheit. 

Ivan Antonovich Levchuk wurde am 28. Februar 1922 im Dorf Soshichny Kamen-Kashyrsky geboren. Von Kindheit an besuchte er zusammen mit seinen Eltern die Versammlungen evangelischer Christen. Wiederholt versammelten sich Gläubige im Haus der Levschuks, um gemeinsam den Herrn zu verherrlichen. Die Gebete der Mutter, sowie die Anweisungen seines Vaters trugen bereits in jungen Jahren Ivans Früchte. Der Sohn lernte den Retter kennen und lieben und folgte Christus auf dem schmalen Pfad.

Als Ivan älter wurde, wurde er in den Wehrdienst einberufen – für Christen ein grauenhaftes Schicksal. Denn verweigerte man die Annahme einer Waffe, bedeutete dies die Todesstrafe. Da Ivan seinen Glaubensgrundsätzen treu blieb, wurde er kurz nach der Einberufung mit einigen anderen Gläubigen zur Erschießung verurteilt. Doch Gott wählte einen anderen Weg für ihn und rettete ihn aus den Fängen des Todes: Wenige Minuten vor der Hinrichtung entschied sich General Pukhov, ihn als Angestellten in ein Artillerie-Regiment zu schicken. 

Gemeindearbeit in Kiew und umliegenden Dörfern

Nach Abschluss seines Militärdienstes im Sommer 1946, folgte Ivan den Ruf des Herrn, die Gläubigen in Kiew zu unterstützen. 

Als Ivan in der Stadt eintraf, bemerkte er mit Bestürzung die geistliche Gleichgültigkeit der dortigen Christen. Er entschied sich, kleine, geheime Gottesdienste durchzuführen. Der Herr segnete dieses Werk, sodass die Zahl der Besucher immens zu steigen begannen. Ivan war als aufrichtiger und leidenschaftlicher Prediger bekannt. Er hatte zudem eine prophetische Gabe und der Herr offenbarte ihm die Gedanken und Taten anderer. 

Im Laufe seiner Arbeit dort in Kiew, erkannte er, dass nicht nur die Menschen in dieser Umgebung neuen Eifer im Glauben benötigten -nein, die geistliche Kälte hatte bereits viele christliche Herzen beschlagnahmt. So erweiterte Iwan seine Gemeindearbeit und Seelsorge auf weitere umliegende Gemeinden. 

Teilnahme an Geheimtreffen und erste Verhaftung 

Doch während die Gemeinden wuchsen, nahmen die staatlichen Anfeindungen gegenüber den Gläubigen immer stärker zu. Iwan bereitete dieses Geschehen viele Sorgen. Aus diesem Grund beteiligte er sich im März 1948 an einem Geheimtreffen der Ältesten. Während des Treffens wurde ein Petitionsschreiben an die Regierung der UdSSR mit der Bitte geschrieben, den Pfingstlern eine eigene Union zu ermöglichen. Die Brüder beschlossen, ihre Bitte im Zentrum der Politik in Moskau vorzubringen – allerdings endete das Treffen für alle Teilnehmer tragisch. Bei der Ankunft in der Hauptstadt wurden die Diener am Bahnhof festgenommen. Der damals 26-jährige Ivan Levchuk erhielt eine 10-Jährige Gefängnisstrafe, von denen er 8 Jahre in der kalten, rauen Region Komi absitzen musste. 

Wiederaufnahme der Petition und erneute Verhaftung 

Nach seiner Entlassung konnte Iwan nicht einfach ein ruhiges, stilles Leben führen, wo doch die Gemeinde unter schwerer Verfolgung litt. Sein Herz brannte nach dem Wunsch, die begonnene Arbeit abzuschließen: Die amtliche Genehmigung zur Registrierung der christlichen Union des evangelischen Glaubens zu erhalten. Im August 1956 nahm Ivan Levchuk in Charkow am zweiten Ältestentreff des CPE teil. Er wurde dazu beauftragt Unterschriften für einen schriftlichen Registrierungsantrag zu sammeln. Im Herbst desselben Jahres fuhren die Brüder des Treffs erneut nach Moskau – wieder mit der Bitte der Erlaubnis zur Registrierung. 

Die Behörde benutzten allerdings die erhaltenen Listen zu völlig anderen Zwecken. Alle auf den Listen enthaltenen Namen, meist Führer und aktive Mitglieder der Gemeinden, wurden angeklagt und verhaftet. Als Reaktion auf Drohungen seitens der Behörde erklärte Iwan: „Ich bin bereit, im Namen des Herrn meinen neuen Anzug gegen die alte Lageruniform einzutauschen.“ 

Nach einer „detaillierten“ Untersuchung und einem Gerichtsprozess wurde Ivan Levchuk im Januar 1957 zu weiteren fünf Jahren Gefängnis verurteilt. 

Gefangen hinter Gittern 

Das Leben hinter hohen Stacheldrahtmauern war geprägt von Folter und Arbeiten bis zur völligen Erschöpfung. Zudem fehlte in den steinernen Gemäuern der Kontakt zu weiteren Gläubigen. Geistlich gesehen war dieses Dasein also ein ständiger Kampf, doch Ivan war sich sicher: Sein Herr war bei ihm! Die mächtige Hand Gottes beschützte Ivan in der fernen Kälte Workuta. Christus allein war seine Stütze, als er meinte, verhungern zu müssen. Und wer außer seinem geliebtem Erlöser konnte ihn verstehen, wenn ihm die Kraft fehlte, um treu den schmalen Weg gehen zu können? In solch dunklen Lebensstunden lernte Ivan nicht nur das Beten, sondern vielmehr unter Tränen das heiße Flehen zu seinem Herrn. Der treue Vater antwortete ihm auf seine Weise: Obwohl oftmals die Lebensumstände unverändert blieben, wurde das Tragen der Last leichter und der Glaube bekam neuen Eifer.  

In der Zeit zwischen 1948 und 1974 lebte er nur 3 Jahre in Freiheit. 5 Mal wurde er in diesen Jahren verhaftet und in grausame Straflager und Gefängnisse geschickt.   

Und dennoch erreichte er in dieser Zeit mehr als die meisten Menschen in ihrem gesamten Leben. Weit entfernt von seiner Familie ging er seinem Dienst als Ältester in Gottes Werk nach. Seiner Berufung treu, leistete er als Bischoff Seelsorge im fernen Workuta oder half den Leidenden und Erschöpften sowohl in Mordowien als auch im fernen Sibirien. Er sah es als seine Aufgabe Gott zu dienen und den Menschen von Jesus zu erzählen, egal an welchen Ort oder unter welchen Bedingungen er lebte.  

Späte Jahre, Heirat und Tod

Im Jahre 1974 – er war bereits 52 Jahre alt, endete die Haftzeit für Ivan. Dennoch wurden Christen immer noch hart von der Regierung verfolgt. Für die sowjetischen Behörden galt er als einer der gewalttätigsten Rückfälligen des Landes, ein glühender „Sektierer“, mit dem es unmöglich war, zu verhandeln. Bis in die späten Jahre seines Lebens wurde er ständig von KBG-Agenten unter Druck gesetzt, seinen Glauben doch zu verraten. Sie lockten ihn mit den besten irdischen Gütern. Aber die Behörden konnten ihn nicht in seiner Überzeugung brechen, dem Herrn treu zu dienen. 

Trotz der ständigen Kontrolle und des ständigen Fliehens gelang es Ivan in der Sowjetunion von Gemeinde zu Gemeinde zu reisen und die Gläubigen zu trösten und im Glauben zu erneuern. 

Ivan heiratete im Alter von 47 Jahren Vera Maeyskaya. 

In den letzten Jahren seines Lebens machten sich die Strapazen der Gefängnisaufenthalte und der ständigen Reisen des Bischoffs stark bemerkbar – Ivan war im hohen Alter nahezu ständig krank. In den ersten Minuten des 6. Januar 1992 rief der Herr seinen treuen Diener Ivan Antonovich Levchuk zu sich in die himmlischen Wohnstätte. Bischoff Iwan Antonowitsch konnte nun wie Apostel Paulus über sich sagen: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe meinen Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt“ (2. Tim. 4,7).

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