Jesus, der “einziggeborene Sohn Gottes”, ist der faszinierendste Mann, der jemals gelebt hat. Wie weit müssen die Leute ihre Augen aufgerissen haben, als sie seine ungewöhnliche Lehre hörten! Wie überwältigt müssen sie gewesen sein, als er die Zungen der Stummen löste, den Tauben die Ohren öffnete, Blinde sehen ließ und Dämonen zurück in die Hölle jagte! Männer, die Jesus gefangen nehmen sollten, waren gefesselt von der Autorität, mit der er handelte. Die Heiden bezeugten: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.” Über seine eigenen Worte sagte er: „Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.” (Joh. 6,63). Obwohl die Jünger von den vielen Wundern in seinem Dienst gewiss fasziniert waren, baten sie ihn nicht: „Herr lehre uns, Wunder zu tun.” Nach der größten Predigt, die je ein Mensch gehalten hat, sagten sie nicht: „Herr, lehre uns, Wunder zu tun.” Aber als sie ihn irgendwo beten hörten, baten sie: „Herr, lehre uns beten.”
Er allein kann uns durch seinen Geist beten lehren.
Einige der Jünger bekamen eine hervorragende Gelegenheit. „Und er nahm den Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus mit. … Bleibt hier und wacht mit mir.” (Mt. 26,37-38) Sie sollten wachen; stattdessen machten sie schlapp. „Und er kommt zu seinen Jüngern und findet sie schlafend” – ausgerechnet in dieser, seiner bittersten Stunde! Er muss sie wohl geweckt haben, denn er sagte zu Petrus: „Also nicht eine Stunde konntet ihr mit mir wachen?” Dann: „zum zweiten Mal ging er hin und betete. … Und als er kam, fand er sie wieder schlafend. … Und er ließ sie, ging wieder hin, betete zum dritten Mal … Dann kommt er zu den Jüngern und spricht zu ihnen: So schlaft denn fort und ruht aus …” (Mt. 26,40.42-45).
Eine ähnliche Gelegenheit hatten diese Jünger schon vorher (Lk. 9,28-36). Auch damals betete Jesus und sie schliefen ein! Das verblüfft mich jedes mal, wenn ich es lese. Wie konnten sie nur! Hat er vielleicht so lange gebetet, dass sie müde wurden, weil sie es nicht gewohnt waren, ganze Nächte im Gebet zu verbringen?
Hier scheint es sich um eine kaum fassbare Trägheit, einen unglaublichen Mangel an Liebe zu handeln. Aber wer von uns würde den ersten Stein auf sie werfen? Schläft die Gemeinde nicht auch? Ich weiß nicht, wie sich Nero gerade die Zeit vertrieb, als Rom brannte. Ich weiß aber, dass heute die Gemeinde schläft, während die Hölle brennt. „Während aber die Menschen schliefen, kam ihr Feind und säte Unkraut.” Während wir uns auf Konferenzen über theologische Streitfragen unterhalten, fallen die Menschen zu Millionen ohne Christus ins Grab. Sie werden niemals mehr schlafen können. In der Hölle gibt es keinen Tag – nur Nacht, und zwar ewige Nacht! Diese Nacht wird niemals enden; es ist eine Nacht unaufhörlicher Qual!
Nicht Humanismus, Kommunismus oder Spiritismus ist Gottes Problem, sondern das tote Christentum. Wir sprechen über die Ewigkeit, leben und denken aber, als würde die Zeit hier niemals enden. Wo sind die Gläubigen, die sich der Ewigkeit wirklich bewusst sind? Wo sind die Seelen, die bis zur Weißglut für Gott brennen, weil sie seinen heiligen Namen und seine Gegenwart fürchten und deshalb mit ewigen Werten vor Augen leben?
Wenn wir mehr Nächte schlaflos im Gebet zubringen würden, gäbe es weit weniger Seelen, die eine ewige Nacht schlaflos in der Hölle zubringen müssen.
Dieser Text wurde erstmals vom Asaph Verlag unter dem Titel “Erweckung nach dem Herzen Gottes” von Leonard Ravenhill veröffentlicht.