„Ach, dass ich nie auf meiner himmlischen Reise stehen bleibe.“
David Brainerd (1718-1747) war einer der ersten Missionare, die als Pioniere unter den Indianern Nord-Amerikas missionierten. Sein Leben als Missionar wurde von unsagbarem Leid, Strapazen und Entbehrungen begleitet. Oft wurde er durch die verschiedensten Umstände in der Wildnis entmutigt, kämpfte gegen Depressionen, das Gefühl der Einsamkeit und um die Bekehrung seiner Indianer. In seinen verzweifelsten Momenten erlebte er aber auch, wie Gott ihm entgegenkam und eine gewaltige Erweckung unter den Indianern in Gang setzte.
Insgesamt lebte er nur 29 Jahre, 5 Monate und 19 Tage. Von diesen wenigen Jahren, die er auf dieser Erde verbrachte, diente er 4 Jahre als Missionar. Seine Tagebucheinträge wurden von Jonathan Edwards unter dem Titel „Das Leben von David Brainerd“ veröffentlicht.
Trotz seines kurzen Lebens hatte der Dienst von David Brainerd eine gewaltige Auswirkung auf die weltweite Gemeinde Jesu Christi. John Wesley riet jedem Prediger, das Tagebuch von Brainerd zu lesen. In Henry Martyns Seele (Missionar in Indien und Persien) entstand, durch sein Lebenszeugnis bewegt, der große Wunsch, diesem Mann Gottes nachzueifern. Robert Morrison und Robert McCheyne aus Schottland, John Mills und Jim Elliot aus Amerika, Christian Friedrich Schwartz aus Deutschland und David Livingstone aus England und noch viele andere schauten mit Ehrfurcht auf Brainerd und bekamen durch seine Geschichte Kraft.
Aber warum hatte das Leben von diesem Missionar so einen großen Einfluss auf weitere bedeutende Männer der Gemeinde Jesu Christi?
Die Antwort ist, dass Brainerds Leben ein lebendiges und kraftvolles Zeugnis dafür ist, dass Gott nicht die begabtesten Menschen für seinen Dienst sucht. Er gebraucht schwache, kranke, entmutigte, zerschlagene, einsame und kämpfende Heilige, die Tag und Nacht zu ihm schreien, um gute Dinge zu seiner Ehre zu wirken.
Was können wir also in unserer heutigen Zeit von David Brainerd lernen?
Bedingungslose Treue zu Gott
Körperlich war David Brainerd alles andere als geeignet, um als Missionar unter den Indianern dienen zu können. Schon 1740, als er zum College ging, zeichnete sich ab, dass er unter Tuberkulose (zur damaligen Zeit eine unheilbare Lungenkrankheit) litt. Während seiner gesamten Zeit als Missionar kämpfte er ununterbrochen dagegen an. In manchen Tagebucheinträgen stellt er den Kampf wie folgt dar:
„Nachmittags waren meine Schmerzen so stark, dass ich mich ins Bett legen musste… Manchmal raubte der Schmerz mir die Sinne.“
„Nachdem ich die ganze Nacht im kalten Schweiß gelegen habe, hustete ich an diesem Morgen viel mehr Blut, und es ging mir körperlich sehr schlecht…..“
Neben der körperlichen Schwachheit litt Brainerd auch immer wieder unter starken Depressionen. Dies begleitete ihn schon von seiner Jugend an und war auch in seiner Familie über mehrere Generationen stark verbreitet. Die eigene verbliebene Sündhaftigkeit in seinem Inneren brachte ihn fast zur Verzweiflung, sodass er sich selbst oft als unwürdig sah und sich so von der Gegenwart Gottes abgeschnitten fühlte.
Neben diesen extremen inneren Kämpfen hatte er auch viele Entbehrungen in der Wildnis zu erdulden. Oft verlief er sich in den Wäldern, musste hungrig in der Kälte ausharren und schlief nicht wenige Male unter freiem Himmel. Zu diesen äußerst herausfordernden Umständen schrieb er folgendes:
„Gegen sechs Uhr abends verirrte ich mich in der Wildnis und irrte umher über Felsen und Berge, hinab schreckliche Abhänge, durch Sümpfe und äußerst furchtbare und gefährliche Gegenden. Die Nacht war dunkel, nur wenige Sterne waren zu sehen, was mich großer Gefahr aussetzte. Ich litt unter bitterer Kälte und wurde von heftigen Kopfschmerzen und Übelkeit geplagt. Jeder Schritt war eine Qual. Mehrere Stunden lang hatte ich kaum Hoffnung, die Nacht in diesem Zustand im Freien verbringen zu müssen.
Doch gegen neun Uhr fand ich durch Gottes überreiche Güte ein Haus und wurde freundlich aufgenommen. Ich war schon oft solchen Gefahren ausgesetzt, habe manche Nacht im Freien verbracht – doch Gott hat mich stets bewahrt. Gepriesen sei Sein Name! Diese Mühsale scheinen mich mehr von der Erde zu lösen, und ich vertraue darauf, dass sie mir den Himmel süßer machen werden.“
Das Besondere an dem eifernden Missionar war, dass er um keinen Preis die Treue zu Gott aufgeben wollte. Brainerd hielt stand, weil er bereit war, zu leiden und den großen Wunsch hatte, das Königreich Christi unter den Indianern zu verbreiten. Oft erhielt er ein Angebot für die Anstellung als Pastor von wohlhabenden Kirchen, doch immer wieder ging der Kampf zugunsten seines Rufs und seiner Bürde aus:
„Alle Dinge dieser Welt verloren für mich ihre Bedeutung. Das Einzige, was wirklich zählte, war das Streben nach einem heiligen Leben und die Bekehrung der Heiden zu Gott. Alle meine weltlichen Anliegen, Ängste und Wünsche erschienen mir nichtiger als ein Hauch Wind. Mein tiefstes Verlangen war, dass Gott Seinen Namen unter den Heiden bekannt mache, und ich sagte Ihm voller Zuversicht, dass Er mir kostbarer sei als meine größte Freude.
Die Freuden dieser Welt hatten keinerlei Reiz für mich; es war mir gleichgültig, wo ich lebte oder welche Mühsale ich erlitt, solange ich Seelen für Christus gewinnen konnte. Diese Gesinnung hielt den ganzen Abend über an und setzte sich bis in die Nacht fort. Selbst im Schlaf träumte ich von diesen Dingen, und wann immer ich – was häufig geschah – erwachte, waren meine ersten Gedanken dieser großen Aufgabe gewidmet: für Gott gegen Satan einzutreten.“
Das Fasten und Gebet als stärkste Waffe
Mehr als alles andere zeichnete sich der Dienst von David Brainerd durch ein außergewöhnliches Gebets- und Fastenleben aus: Er selbst riet jungen Pastoren am Sterbebett, dass sie sich immer wieder bestimmte Tage für das Fasten und Gebet nehmen sollten. Er selbst war in dieser Disziplin das größte Vorbild. Manchmal betete er bis zu fünf oder sechs Mal am Tag. Seine eigene Unzulänglichkeit für diese Arbeit, die Last der Mission auf seinem Herzen und seine Abhängigkeit zu Gott trieb ihn immer wieder ins Gebet. Wie ein entschlossener Soldat, welcher den Sieg in der Schlacht sucht, so suchte Brainerd unerbittlich die besondere Wirkung des Geistes für seinen Dienst und ging auch in dieser Kraft voran:
„Im Gebet wurde mein Herz enorm geweitet und meine Seele wurde sehr gestärkt, als ich mich je in meinem Leben erinnern kann. Ich war so geängstigt und bat mit solcher Ernsthaftigkeit und Hartnäckigkeit, dass ich mich, als ich mich von den Knien erhob, äußerst schwach und müde fühlte. Ich konnte kaum gerade gehen, meine Gebeine waren zerschlagen. Der Schweiß rann mir über das Gesicht und den Leib herunter und mein Leib schien mir, als wolle er sich auflösen. Soweit ich urteilen konnte, war ich in meinen inbrünstigsten Bittgebeten für die armen Indianer völlig frei von egoistischen Zielen.“
Beseelt von der Liebe zu den armen Indianern fastete er oft und auch tagelang im Verborgenen. Sein größtes Anliegen dabei war, dass das Reich Gottes hier auf der Erde ausgebreitet wird, besonders in Amerika:
„Verbrachte den Morgen mit dem Lesen verschiedener Teile der Heiligen Schrift und mit inbrünstigem Gebet für meine Indianer, dass Gott sein Reich unter ihnen aufrichten und sie in seine Gemeinde bringen möge. Etwa um neun zog ich mich an meinen gewöhnlichen Rückzugsort in den Wäldern zurück und hatte dort wieder einigen Beistand im Gebet. Mein großes Anliegen war die Bekehrung der Heiden zu Gott und der Herr half mir, ihn dafür zu bitten. Gegen Mittag ritt ich hinauf zu den Indianern, um ihnen zu predigen. Und während ich ging, erhob sich mein Herz im Gebet für sie. Ich konnte Gott freimütig sagen, er wisse, dass die Sache, zu der ich mich verpflichtet hatte, nicht die meine, sondern dass es seine Sache war und dass es zu seiner Ehre wäre, wenn er die armen Indianer bekehrt.“
Seine Geschichte zeigt uns den richtigen Weg, wie man im Dienst erfolgreich ist. Er arbeitete immer leidenschaftlich, getrieben von der Liebe zu Christus und den verlorenen Seelen. Tag und Nacht, im Wort und in der Lehre, öffentlich und in der Stille. Im Gebet mit Gott ringend und Geburtswehen erleidend mit unaussprechlichen Seufzern und Kämpfen, bis Christus in den Herzen der Menschen Gestalt annahm.
Mit Tränen ging er beständig zur Aussaat und durfte auch bald mit Freuden ernten (Ps. 126,5-6).
Geduldig warten lohnt sich!
Zwei volle Jahre musste David Brainerd warten, bis Gott sein mächtiges Wirken unter den Indianern entfaltete. Dabei wurde ihm mit der fortlaufenden Missionstätigkeit immer wieder bewusster, dass die Bekehrung der Seelen alleine von Gott abhängt:
„Im abendlichen Gebet wurde dann mein Glaube und meine Hoffnung in Gott sehr gestärkt. Für das Auge des Verstandes ist jede Sache, welche die Bekehrung der Heiden betrifft, dunkel wie die Nacht, doch ich kann nur auf Gott hoffen, dass etwas Herrliches unter ihnen vollbracht wird. Meine Seele sehnte sich sehr nach dem Wachstum des Reiches des Heilands auf der Erde.“
Doch zu einem Zeitpunkt, wo er es gar nicht erwartete und auch selber an den Punkt gelangte, dass er seine Tätigkeit als Missionar niederlegen wollte, griff Gott ein und zeigte seine Herrlichkeit den Indianern in der Wildnis:
„Während der öffentlichen Verkündigung war unter den Zuhörern eine sichtbare Ernsthaftigkeit zu erkennen, doch als ich im Anschluss einzelne Personen ansprach, die sichtlich innerlich bewegt waren, schien die Kraft Gottes wie ein starker, dahinstürmender Wind über die Versammlung zu kommen, der alles vor sich herfegte. Ich war erstaunt über die tiefe Wirkung auf die Anwesenden – es glich der unaufhaltsamen Gewalt einer großen Flut, die alles mitreißt, was sich ihr in den Weg stellt.“
„Menschen jeden Alters, auch ältere Männer und Frauen, die lange Zeit Trunkenbolden gewesen waren, ebenso wie kleine Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren, waren tief erschüttert über den Zustand ihrer Seelen. Es war offensichtlich, dass selbst die Kinder nicht bloß durch die allgemeine Atmosphäre erschreckt waren, sondern ein echtes Bewusstsein für ihre eigene Gefahr, die Bosheit ihrer Herzen und ihre hoffnungslose Lage ohne Christus hatten. Sogar die verstocktesten Herzen wurden zur Umkehr gezwungen.“
„Gebete und Rufe um Gnade erfüllten das Haus, viele Menschen draußen eingeschlossen. Zahlreiche Personen waren so überwältigt, dass sie weder stehen noch gehen konnten. Jeder Einzelne war so in sein eigenes inneres Ringen vertieft, dass er seine Umgebung kaum wahrnahm – als sei er allein in einer weiten Wüste, betend, obwohl er sich unter vielen befand.“
In den nächsten zwei Jahren der Erweckung wuchs die Gemeinde auf 120 Personen an und David Brainerd durfte die Früchte seines aufopferungsvollen Dienstes erleben. Indianische Zauberer, die einen mächtigen Einfluss unter ihrem Volk hatten, sagten sich von ihren Magiekünsten ab und bekehrten sich zu Christus. Menschen, die gar nicht wussten, dass sie eine Seele hatten, wurden von der mächtigen Gnade Christi dazu bewegt, unter das altrauhe Kreuz zu kommen. Mörder und vor allem Menschen, die Alkoholiker waren, wurden von der Last ihrer Schuld befreit. Sie fanden Rettung und Heilung bei Jesus Christus. Das Wort Gottes übte so eine gewaltige Wirkung auf den Indianerstamm aus, dass sich Verhaltensweisen, Moralvorstellungen und sogar verschiedene Bräuche vollständig änderten und sie mehr und mehr in das Bild Christi verwandelt wurden.
Das Beispiel von David Brainerd zeigt uns, dass sich das Warten auf Gott lohnt. Er hört unser Rufen, sieht unsere Mühen im Dienst und fängt meistens an zu wirken, wenn wir es gar nicht zu erwarten glauben.
Zu seiner Ehre leben
Für David Brainerd gab es kein höheres Ziel, als für das Reich Gottes sein Leben abzugeben. Sein unaufhörliches Verlangen war es, in der Heiligkeit zu wachsen und Jesus ähnlicher zu werden. In all seinem Sehnen und seinen Wünschen war der Himmel das Zentrum:
„Mein Himmel ist es, Gott zu gefallen und ihn zu verherrlichen, alles ihm zu geben und ganz seiner Herrlichkeit geweiht zu sein. Das ist der Himmel, nach dem ich mich sehne. Es spielt keine Rolle, wo ich im Himmel postiert werde, ob ich einen hohen oder niedrigen Platz habe, doch Gott zu lieben, zu gefallen und zu verherrlichen, ist alles. Hätte ich tausend Seelen, so würde ich sie alle Gott geben…. Es ist für jedes vernünftige Geschöpf unmöglich, glücklich zu sein, ohne alles für Gott zu tun. Ich sehne mich danach, im Himmel zu sein, Gott mit den heiligen Engeln zu loben und zu preisen. Mein ganzes Verlangen ist, Gott zu verherrlichen.“
Gott gebe uns Gnade, dass wir vom Beispiel dieses Missionars inspiriert, der Welt abgestorben und für Gott leben. Mögen die Worte dieses Artikels nicht nur unseren Verstand ansprechen, sondern durch die Gnade Gottes tatsächlich echte Herzensveränderung bewirken.