Die Geschichte der Pfingstbewegung #4 August Bolender

Bis die Füße bluten

Persönlicher und familiärer Hintergrund 

August Bolender wurde am 20. August 1893 im russischen Dorf Freiberg, im Gebiet Odessa, geboren. Seine Eltern waren Mitglieder einer lutherischen Gemeinde, wodurch er eine christliche Erziehung nach Maßstäben der dortigen Lehre bekam und somit durchaus Berührungspunkte mit der Bibel hatte. Nach Ablauf seiner Schullaufbahn entschied er sich, das Handwerk eines Ofensetzers zu erlernen.  

Am 19. Juni 1922 heiratete er Pauline Hetterle, geb. am 25. August 1897. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.

Bekanntschaft mit Iwan Woronajew

Die erste Begegnung zwischen August Bolender und Iwan Voronaev, dem Wiederentdecker der Pfingstbewegung, fand 1921 statt. Bolender, zu diesem Zeitpunkt noch ein lediger Mann, wurde durch die Rede Voronaevs dazu bewegt, sein bisheriges Glaubensbild neu zu überdenken. Aufgrund seiner Umkehr und seines Glaubens durfte er kurz darauf die Taufe des Heiligen Geistes erleben.   

Mit brennendem Eifer lebte er seinen neuen Glauben aus. Hungrig nach der Lehre wurde er ein fleißiger Schüler und einer der treuesten Mitarbeiter Voronaevs.  

Voronaev selbst betitelte Bolender als „Christ mit der Gabe des Glaubens“. Oft wurde Bolender von seinem Lehrer zu seelsorgerischen Gesprächen, Fürbitten der körperlichen Heilung sowie Gebeten für Teufelsaustreibungen eingeladen und mitgenommen.  

August Bolender unternahm unzählige Reisen im Namen des Evangeliums in die unterschiedlichsten Gebiete Russlands. Aufgrund der fehlenden Mittel musste er diese viele Male zu Fuß zurücklegen. Nur allzu oft kehrte er mit blutigen Stiefeln zurück, da seine Füße ganz wund waren von den mühevollen Strapazen der langen Wege.   

Als Evangelist war er vorrangig für die Gemeinden in Wolhynien zuständig – ein Gebiet, das mehrheitlich von Russlanddeutschen besiedelt war. 

 

Im Jahre 1927 nahm Bolender, inzwischen Voronaevs wichtigster Mitarbeiter, als Delegierter des Dorfes Gorščik, an einem Kongress teil, in dem über die weitere Verbreitung des Evangeliums in Russland gesprochen wurde. Am 10. Oktober, also dem zweiten Tag des Kongresses, legten 22 Union-Evangelisten Berichte über die Arbeit im Jahre 1926 ab. Bolender war einer dieser Redner und schilderte über die große Not von unerfahrenen Predigern in den Gemeinden. Der Kongress beurteilte die Bemühungen der Evangelisten als fruchtbar, doch mussten in jedem Fall progressive Schritte für den weiteren Ausbau der Lehre unternommen werden. 

Bolender wurde auf dem Kongress mit 42 anderen zum Union-Evangelisten für das Jahr 1928 gewählt. Zudem kam er in die engere Auswahl des Rates der Allukrainischen Union, ebenfalls für das Jahr 1928. 

Ein schwieriger Punkt in der Verbreitung des Evangeliums war die ungenügende Ausbildung der Evangelisten. Eine schwerwiegende Folge betraf nicht nur das biblische Wissen der Neubekehrten – nein, im vollem Ausmaß besaß vor allem die Gemeinde oftmals nur mangelnde Kenntnisse in der Lehre. Somit mussten die Gewinnung und die Ausbildung des Predigernachwuchses als wichtigste Priorität im weiteren Verlauf der  Pfingstbewegung behandelt werden. Denn nichts behinderte die Ausbreitung des Pfingstglaubens so sehr wie der Mangel an gut ausgebildeten Verkündigern. Vor allem in den entfernteren Regionen war die Ausbildungsnot besonders spürbar. 

Voronaev richtete aus diesem Grund Bibelseminare ein. Vorerst begann man mit dem Veröffentlichen von Predigten und dem Start von Wochen- und Monatsseminaren, die elementare theologische Kenntnisse vermitteln sollten. 

Hier lernten die Prediger eine gründliche Bibelkenntnis, die Ausarbeitung von Predigtentwürfen, eine zusammenhängende, logische Denkart und Grundkenntnisse der Rhetorik. Diese Bibelkurse wurden ein- bis zweimal im Jahr einen Monat lang durchgeführt. 

August Bolender, als lernhungriger Schüler, war mit seinen Gefährten Richard Steine und Hermann Schulz unter den Teilnehmern des ersten Seminars.

Die Pfingstbewegung erlangte in der Sowjetunion immer größere Reichweite. Allerdings blieb diese Regung auch nicht der Regierung verborgen. Die Behörde ergriff Maßnahmen gegen den neuen Glauben und beginnend ab 1929 artete dies für die Christen in schwere Verfolgungen aus. Die Missionare der Bewegung standen erhöht im Fokus der Bewegung. Um seinen Dienst trotz der schwierigen Umstände unerkannt weiterführen zu können, benutzte Bolender verschiedene Mittel, um sein Aussehen zu verändern: Auf der einen Reise ließ er sich einen Bart wachsen, auf einer anderen trug er einen Schnurrbart. Außerdem wechselte er sehr oft seinen Wohnort und begann, ein Leben im Untergrund zu führen. 

Die politisch angeordnete Entkulakisierung (Verhaftungen, Deportationen, Exekutionen und Enteignungen von politischen Gegnern des Systems Stalins) erreichte 1932 auch die Familie Bolender. Unter Zwang mussten sie ihre Pässe abgeben und gewaltsam wurden sie in eine Kolchose umgesiedelt. Die Rückgabe der Pässe erfolgte nur unter der Bedingung, einige Zeit für die Regierung als Landwirte zu arbeiten. 

Nach Wiedererhalt der Pässe entschlossen die Bolenders, wieder in den Geburtsort August Bolenders, in das Gebiet Odessa, zurückzukehren. Sie fanden im Dorf Wigoda ein Haus, in welchem sie mehrere Jahre leben konnten. 

Am 5. Februar 1935 erhielt August Bolender eine Offenbarung Gottes, die ihm sagte, er würde bald verhaftet werden. Noch am gleichen Tag versammelte er seine Familie und betete mit ihnen. Er segnete sie und übergab ihnen seine Bibel, die ihn all die Jahre begleitet hatte. Wenige Minuten nach dem Gebet erschien die Behörde in seinem Haus und verhaftete ihn und führte ihn ab. 

Er wurde mit zahllosen weiteren Häftlingen in den tiefen Osten der Sowjetunion gebracht. Auf der Insel Kamčatka musste er seine Haftstrafe verbüßen. Unter den schlechten Bedingungen der Haft, der mageren und faulen Speise, grassierten viele tückische Krankheiten unter den Gefangenen – Krankheiten, denen viele zum Opfer fielen. 

Der weitere Lebenslauf August Bolenders ist historisch nicht belegbar. Doch im Jahre 1937 erhielt seine Frau ein Päckchen aus dem Straflager wieder zurück, das sie für ihren Mann bereitet hatte. Das Päckchen wurde mit der Aufschrift „Empfänger nicht auffindbar“ retourniert. Höchstwahrscheinlich wurde er, laut Berichten der Mitgefangenen, im Jahre 1937 aufgrund seines Glaubens im Alter von 44 Jahren erschossen. 

Alles für den Herrn!

Das Leben von August Bolender führt uns klar und deutlich vor Augen, wie ein aufopferungsvoller Dienst im praktischen Leben aussieht. Für ihn war keine Wegstrecke zu weit, persönliche Nachteile nahm er für Jesus Christus in Kauf und selbst das eigene Leben gab er bereitwillig hin. Sein Leben war durchdrungen von einem brennenden, evangelistischen Eifer. Und genau das braucht unsere Jugend in dieser Zeit:

Ein brennendes Herz für die Evangelisation!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert