Interview V. Folz

1. Inwiefern waren deine Erlebnisse in Russland entscheidend für die Missionstätigkeit der Mission Stephanus?

Schon von Kindheit auf wurde mir von meinen Eltern beigebracht, verfolgte Christen, Arme und Hilfsbedürftige zu unterstützen. Meine Mutter selbst war ein Waisenkind und mein Vater musste schon mit sieben Jahren anfangen zu arbeiten. Aber auch mein Opa – ein lutherischer Pastor – saß für den Glauben zwei Mal im Gefängnis: Nämlich einmal 10 Jahre und einmal 5 Jahre.

In der Gemeinde in Russland, in welche ich ging, sorgte man sich besonders um die Brüder, die wegen dem Glauben im Gefängnis saßen. Als ich nach Deutschland kam, war dieses Thema auch in der Jugend sehr präsent.

Ein Erlebnis allerdings war dann für mich entscheidend, in diesem Bereich aktiver zu werden. Es war eine Reise nach Polen während der Sowjetzeit. Wir sprachen mit einigen Brüdern, die Bibeln nach Russland schmuggelten. Einer von diesen Brüdern kam einige Zeit später zu mir nach Hause und auf meine Bitte hin erzählte er mir so einige Dinge aus seinem Leben. Das hatte großen Eindruck auf mich gemacht und ich habe gemerkt, dass dies vom Herrn geführt worden war.

Mit der Einreise von Bruder Alexander Konradi nach Deutschland wurden dann Strukturen geschaffen, damit dieser Dienst organisierter ablief. Ab diesem Zeitpunkt kam dieser Missionsdienst richtig ins Rollen.

2. Was hast du von den Brüdern, die dir den Dienst übergeben haben, gelernt, was auch für uns Jugendliche wichtig ist? Gerade jetzt in Bezug auf Mission und Evangelisation.

Ich habe gelernt, dass ich die leitenden Brüder nicht übergehen kann. Mir wurde durch verschiedene Erlebnisse bewusst, dass wenn ich auf eigene Faust etwas gemacht habe, diese Dinge oft schief gelaufen sind. Ich konnte viel effektiver arbeiten, wenn dies in Absprache mit den Brüdern geschah, weil einfach der Segen da war. Gerade in meiner Jugendzeit hatte ich gelernt, meine Vorhaben dem Herrn anzuvertrauen. Es gab oftmals Erlebnisse, wo meine Vorhaben und Ideen zunichte gemacht wurden und ich am Boden zerstört war. Aber Gott hat mir immer wieder gezeigt, dass nichts Falsches passiert, wenn ich alle meine Pläne und Überlegungen ihm anvertraue.

Ein Erlebnis hat mich bis heute sehr geprägt: Ich hatte damals eine Sammlung organisiert und es kam ein großer Betrag zusammen. Ich kam zu den Brüdern und teilte ihnen mit, dass diese Sammlung in meinem Namen schon übergeben wurde. Die Sammlung der anderen Brüder hatte einen weitaus geringeren Betrag. Sofort dachte ich, was für ein tolles Ergebnis ich selber erzielt habe. Dann machte mich ein Bruder auf meinen Egoismus aufmerksam. Das beschämte mich und ich entschuldigte mich darauf hin. Ich nahm mir vor, nie wieder selbst vorzupreschen. Mir wurde bewusst, dass die Mission und die Gemeinde uns allen gehört. Wir arbeiten zusammen am Werk des Herrn.

3. Fehlt es an Bereitschaft für Mission, weil es uns in Deutschland so gut geht?

Auf jeden Fall. Ich habe es so oft gemerkt, dass Jugendliche, die von einer Missionsreise zurückgekommen sind, ganz anders anfangen zu denken. Gerade neulich hatte ich folgende Geschichte eines Jugendlichen mitbekommen. Dieser wollte unbedingt von seinem Vater ein Motorrad haben. Währenddessen ist er in das Hochwassergebiet gefahren. Als er von diesem Einsatz zurückkam, hatte er die Bestellung von seinem Motorrad storniert. Er wollte es einfach nicht mehr haben.

4. Was war das prägendste Ereignis auf deinen Missionsreisen?

Ich hatte dieses Erlebnis in einem Land, wo man sich in Höhlen versteckt aus Angst vor der Christenverfolgung. Wir führten dort verschiedenste Belehrungen durch. Wir merkten, dass man dort mit einem Wohlstandsevangelium nicht kommen kann. Von jedem Wort hängt ihr Leben ab. Ihr Durst nach der Wahrheit hat mich sehr berührt. Als wir dieses Seminar beendet hatten, beteten wir zum Abschluss. In diesem Seminar wurden von 70 Pastoren 5 mit dem Heiligen Geist getauft. Viele der Pastoren kamen nach vorne und taten Buße. Als wir das Abendmahl durchgeführt hatten, so wie wir es in Deutschland kennen, wurden viele der Pastoren berührt. Einer sagte sogar, dass er dachte, dass er ein großer Mann sei, weil er Pastor ist. Tatsächlich sei er aber weit von Christus entfernt.

5. War die okkulte Welt spürbar? Wenn ja, wie?

Ich hatte es an folgender Begebenheit ganz besonders gespürt: Wir fuhren in eine muslimische Stadt. An der Grenze winkte uns ein Wachposten durch. Wir mussten zu einem bestimmten Haus in der Stadt. Doch derjenige, der uns begleitete und aus diesem Land kam, meinte, dass wir erst zu dem Haus seiner Verwandten gehen, da er sein Vieh zu versorgen hatte. Als wir in diesem Haus waren, hatte ich das Gefühl, hier zu bleiben und nicht wie geplant in das andere Gebäude zu gehen. In der Zwischenzeit kontaktierte der Wachposten den Imam der Stadt und meinte, dass ein Heiliger in die Stadt gekommen sei. Der Imam ging deshalb in das Haus unseres Begleiters, um auf diesen „Heiligen“ zu warten. Also auf einen von uns. Er wartete einen ganzen Tag lang in diesem Haus. Aber keiner kam. Erst als der Besitzer wieder eintrat, traf er den Imam. Er fragte unseren Begleiter wo wir seien und dass um 13 Uhr jeder Mann in der örtlichen Moschee kommen solle. Unser Begleiter erwiderte, dass wir schon längst in die Wüste hinaus gefahren waren und nicht mehr in die Stadt kommen würden. 

Wir dürfen nie vergessen, dass der Feind eine große Kraft hat. Aber die Kraft Gottes ist größer.

6. Hast du es schon einmal erlebt, dass es in einer Gemeinde eines fremden Landes es sich als schwierig gestaltet hatte, Gemeinderegeln aufzustellen, die denen Deutschlands ähnlich waren?

Wir müssen verstehen, dass diese Dinge sehr viel mit Mentalität und Prägung zu tun haben. Zum Beispiel tragen in Indien die Männer Röcke, wir aber in Deutschland nicht. Das Gebot „Ehre Vater und Mutter“ ist in den afrikanischen Ländern sehr stark ausgeprägt, jedoch bei uns hierzulande nicht zu sehr. Wiederum sind Werte wie Fleiß, Pünktlichkeit und Disziplin fester in unserer deutschen Kultur verankert als in anderen Kulturen.

Die Bibel berücksichtigt unsere Nationalitätsgewohnheiten und unsere Sitten. Wichtig ist zu wissen, dass wir den Gemeinden in einem fremden Land keine Sitten beibringen, sondern biblische Werte. Wenn wir biblisch fundiert sind und auch leben, haben wir es viel leichter, die jeweiligen Menschen für Jesus zu gewinnen.

7. Welches Land braucht momentan besonders viel Unterstützung (z.B. im Gebet)? In welchem Land seid ihr gerade am meisten aktiv?

Aufgrund der aktuellen Situation darf ich kein Land konkret nennen. Die Christen aber, die gerade verfolgt werden, brauchen ganz besonders Gebete. Gerade in diesen Gebieten hat sich unser Einsatzgebiet vergrößert.

8. Zum Schluss noch einen praktischen Tipp von dir: Die meisten Jugendlichen tuen sich enorm schwer mit dem Anfang eines Gespräches während einer deutschen Straßenevangelisation. Mit welchem Gesprächsbeginn kann man die Menschen am besten erreichen?

Ich denke, dass man von dem Gespräch Jesu mit der Samariterin viel lernen kann. Er fand durch die Aussage: „Gib mir zu trinken!“ sofort ein Gesprächsbeginn. Er weckte dadurch ihr Interesse und sie konnte nicht anders, als ihm zuzuhören und ihre Frage zu stellen. Genau so müssen auch wir versuchen, das Interesse unseres Gesprächspartners zu wecken. Wichtig dabei ist, dass man selber nicht zu lange bei seiner eigenen Person stehen bleibt, sondern den Menschen hin auf Gott lenkt. Das ist die biblische Art, wie wir evangelisieren. 

Zum Beispiel erzählte mir Br. Ernst Fischer, wie ein Arbeitskollege ihm einmal Folgendes sagte: „Ernst, ich habe gedacht, ich wäre der beste Christ bei uns in der Firma. Aber als du gekommen bist und ich dein Verhalten und deine Art gesehen habe, habe ich verstanden, dass ich ein Sünder bin.“

Wir müssen verstehen, dass unser Leben, unsere persönliche Beziehung zu Gott, die beste Evangelisation ist.

Zum Abschluss möchte ich euch Jugend sagen, dass ihr keine Angst haben sollt, egal was kommen mag. Folgt treu dem Lamm!

Offenbarung 2,10: „Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“

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