Das höchste Gebot

Und Jesus sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken«. Das ist das erste und größte Gebot. (Mt. 22,37-38)​​​​

​​​​​​

“Was braucht die Jugend am meisten?” 

Diese Frage klang so eindringlich wie noch nie auf einer Jugendleitertagung. Betretenes Schweigen machte sich breit. Alle anwesenden Brüder nahmen sich Zeit, um darüber für einen Moment nachzudenken. Mehrere Ideen wurden gesammelt. Die Gespräche gingen hin und her und nach einigen Diskussionen war man sich einig:

Der Jugend fehlt die Liebe zu Christus!

Die Feststellung des Problems ist interessant. Ist doch gerade die Liebe zu dem dreieinigen Gott und dem Nächsten der Kern des Evangeliums. Jesus selbst bezeichnete es als „das erste und größte Gebot“. Zur Gemeinde zu gehen, aber die Worte Jesu nicht ernst zu nehmen und Kirche nur zu spielen, können wir uns nicht leisten. Dafür ist die Zeit, in welcher wir leben, viel zu ernst.

Deswegen ist es wichtig, darüber nachzudenken, was mit dem größten Gebot wirklich gemeint ist und wie man es im praktischen Leben umsetzen kann.

Ein Grundkurs der Anthropologie

Bevor man anfängt, darüber nachzudenken, wie man Gott von ganzem Herzen, Seele und Denken lieben kann, muss man verstehen, wie der Mensch von Gott geschaffen ist. Die Lehre über die Beschaffenheit des Menschen nennt man auch Anthropologie. 

Zuerst wurden wir nach dem Bild Gottes geschaffen (vgl. 1.Mo.1,26). Das bedeutet, wir sind gemacht als eine Einheit, welche sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzt.

Grob gesagt, kann man den Menschen in einen äußeren und inneren Menschen unterteilen (vgl. 2. Kor. 4,16). Der äußere Mensch besteht aus dem Körper, der innere Mensch aus Seele und Geist.

Der Geist des Menschen wird von Gott gegeben. Ohne den menschlichen Geist wären wir einfach nur tote Materie (Jak. 2,26). Er bleibt, auch wenn wir schon gestorben sind. Mit dem Geist in uns können wir in Kontakt mit Gott treten. 

Die Seele ist ebenfalls unsterblich. Sie ist der Ort unserer menschlichen Emotionen und stellt unsere Persönlichkeit dar.

Das Herz wiederum liegt auf einer anderen Ebene. Man könnte es mit den Gedanken gleichstellen, da aus dem Herzen gute oder böse Gedanken hervorkommen (Mt. 15,19). Das Herz ist der Ort, wo Entscheidungen getroffen werden und wird deshalb nicht selten als „Kern des Menschen” beschrieben.

Was ist Liebe”?

Nachdem wir uns mit dem Aufbau des Menschen beschäftigt haben, kommen wir zu einer der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem höchsten Gebot:​

Was ist eigentlich Liebe?

Der Apostel Johannes beschreibt die Liebe mit folgenden Worten in 1.Joh. 4,16: „Und wir haben die Liebe erkannt und geglaubt, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Gott, der Vater und Schöpfer von Himmel und Erde, der uns Menschen als Krönung über alles setzte, bewies und bestätigte seine großartige Liebe durch seinen Sohn Jesus Christus. Wir sehen, welch eine Liebe uns der Vater erwies, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Diese Liebe Gottes verliert nie ihren Wert. Sie kommt nicht vom Kurs ab oder wird hinfällig. Vielmehr ist sie der Weg, der zu einem geistlich siegreichen und erfolgreichen Leben führt. Es ist der „weit vortrefflichere Weg”, den Paulus in 1.Kor. 12,31 nennt.

Gottes Liebe zu uns ist also vollkommen und gut. Wie sieht es aber mit unserer Liebe zu ihm aus?​​​​​​​​

Gott lieben von ganzem Herzen

In dem ersten und höchsten Gebot macht Jesus klar, dass wir zuallererst mit unserem ganzen Herzen Gott lieben sollen. Jesus setzt das Herz nicht ohne Grund an erster Stelle. Denn der Schwerpunkt bei Gott liegt nicht auf das Ansehen der Person, sondern auf das Herz (1.Sam. 16,7). Er möchte keine Heuchelei, Unaufrichtigkeit oder das bloße Halten von Gesetzen. Er will, dass er in unserem Herzen die erste Stellung hat, weil er keine anderen Götter neben sich duldet. 

Wie aber kommen wir dazu, Gott von ganzem Herzen zu lieben?

Zuerst müssen wir uns Gedanken machen, was uns hindert, Gott von ganzem Herzen zu lieben. Mögliche Hinderungsgründe könnten sein:

1. Mangelnde Vergebungsbereitschaft, offene Feindseligkeiten oder Böswilligkeit gegenüber dem Nächsten (Mk. 11,24-26)

2. Die Gesinnung ist teilweise oder vollständig weltlich (Kol. 3,2)

3. Fehlende geistliche Armut, die zu einem unzureichenden Bibelstudium und Gebetsleben führt (Mt. 5,3)

4. Unbeständiges Leben im Geist (Gal. 5,16)

5. Tägliche Sorgen (Mt. 13,22)

Erkennen wir eine dieser aufgezählten Hindernisse oder weitere Probleme, die uns der Geist offenbart, ist es notwendig, diese zu bekennen. Am Beispiel Josias sehen wir, dass er alles im Land Juda ausräumte, was daran hinderte, einen gottwohlgefälligen Gottesdienst auszuüben. Er bekam vom Schreiber des Buches der Könige in 2.Kön. 23,25 folgendes Urteil:

„Und seinesgleichen ist vor ihm kein König gewesen, der sich so von ganzem Herzen und von ganzer Seele und mit allen seinen Kräften dem Herrn zuwandte, ganz nach dem Gesetz Moses; auch nach ihm ist keiner seinesgleichen aufgestanden.”

Es reicht jedoch nicht, die Hindernisse zu beseitigen. Vielmehr sollten wir uns darauf konzentrieren, dass unsere Liebe zu Gott wächst. Das geschieht vor allem dadurch, dass wir unser Herz mit Gottes Weisungen in seinem Wort füllen. Um aber Gottes Weisungen zu empfangen, ist es wichtig, dass wir unseren Leib unter die Kontrolle des Geistes bringen und uns dem Geist im Gebet hingeben (1.Petr. 4,7 und 1.Kor. 9,27).​​​​​

Gott lieben mit ganzer Seele – wie geht das?

An zweiter Stelle betont Jesus, dass wir Gott lieben sollen mit ganzer Seele. Überhaupt ist es interessant, dass Jesus in einem Satz das Wort „ganz” dreimal wiederholt. Das zeigt uns, dass wir mit allem, was wir haben und sind, Gott lieben sollen. Unser ganzes Menschsein ist vom ersten und höchsten Gebot betroffen. Meine Gefühle, mein Denken, mein Verhalten, meine ganze Seele sollen von der Liebe zu meinem Herrn und meinem Vater umgeben sein.

Gott zu lieben mit dem Herzen, aber nicht mit seiner Seele wird niemals funktionieren. Gott schuf uns ganzheitlich. Alles ist unzertrennbar miteinander verbunden. Liebe ich Gott von ganzem Herzen, wirkt sich das auch auf die Seele aus. Wie vorhin schon erwähnt, ist die Seele der Sitz der Emotionen. Sie macht unsere Persönlichkeit aus. Es gibt Emotionen, die vom Heiligen Geist bewirkt sind. Wir kennen und erleben es immer wieder in erfüllten Gebetsstunden. Ganz konkret können wir Trost erfahren, erleben, wie der Friede Gottes in uns einkehrt und wir ruhig werden oder aber unaussprechliche Freude empfinden. All das dürfen wir erfahren, wenn unser Herz auf Gott ausgerichtet ist und wir in seiner Gemeinschaft verbleiben.

Allerdings ist anzumerken, dass Gott zu lieben nicht unbedingt bedeutet, dass wir uns immer gut fühlen in Bezug auf Gott. Gott zu lieben heißt, ihm und seinen Gebotengehorsam zu sein. In Joh. 14,21 heißt es: Wer meine Gebote festhält und sie befolgt, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.”​​

Lieben mit deinem ganzen Verstand​​​​​

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.” (Talmud)

Viele kennen vielleicht diese berühmten Sätze aus dem jüdischen Talmud. Sie zeigen einmal mehr, welchen großen Einfluss unsere Gedanken auf unser Leben haben. Deswegen ist es so wichtig, auch mit unserem ganzen Denken Gott zu lieben. 

Mit unserem Verstand Gott zu lieben bedeutet, dass wir unsere Gedanken auf das Wort Gottes richten. Je nachdem mit was ich mich beschäftige, drehen sich auch später meine Gedanken darum. Oft klagen Jugendliche über die heftigsten Gedankenkämpfe. Der Grund dafür ist oft, dass man sich von den falschen Quellen ernährt, die wiederum einen Einfluss auf unsere Gedankenwelt haben. Das hindert uns unter anderem daran, die Herrlichkeit Jesu Christi zu sehen (vgl. 2.Kor. 4,4). An der Quelle alles Guten, der Heiligen Schrift, wird meine Gesinnung erneuert, erhalte ich neue Einsichten in den Willen Gottes für mein Leben und erkenne mehr und mehr ihn selbst. Und genau das verändert schlussendlich mein Denken.

Ein Jugendlicher lernte immer abschnittsweise Bibelverse während seiner Arbeit auswendig, wenn ihm dafür Zeit übrig blieb. Er teilte mir mit, welchen großen Nutzen das für sein geistliches Leben mit sich trug. Dagegen spornten sich einige wenige Brüder gegenseitig an, einen ganzen Brief des Neuen Testamentes auswendig zu lernen. Der Gewinn dieses Lernens bleibt nicht nur für unser Leben, sondern reicht bis in die Ewigkeit hinein.

In Psalm 119,9 steht folgendes geschrieben:

“Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält nach deinen Worten.“

An Gottes Wort kann ich mich nur dann halten, wenn ich es auch wirklich kenne.

​​​​​​​​​

Der Ursprung des höchsten Gebotes​​ ​​

Das höchste Gebot ist nicht etwas, was mit der Lehre Jesu gekommen ist und die Menschen damals nicht kannten. Es wurde schon bei der Auswanderung aus Ägypten von Gott durch Mose dem Volk Israel gegeben. Aber warum stellte der Herr eigentlich dieses Gebot auf und legte darauf so großen Wert?

Zum einen führte Gott Israel aus Ägypten heraus, um die Verheißungen an die Patriarchen (Abraham, Isaak und Jakob) zu erfüllen und damit sie das „Volk seines Erbteils” seien. Weil Gott Israel von den Ägyptern befreite, beanspruchte er das ganze Volk für sich. Zum anderen gab er ihnen gerade dieses Gebot, damit es ihnen gut gehe (5.Mos. 6,24).

Die Israeliten standen kurz davor, in das verheißene Land einzugehen. Sie hatten erlebt, wie er sie mit gewaltigen Wundertaten aus Ägypten herausgeführt hatte. Auch wurden sie Zeuge seiner gewaltigen Kraft am Berg Sinai, als er ihnendie Gebote Moses gab. Sie lernten ihn während den 40 Jahren umfassend kennen. Als ein verzehrendes Feuer und eifernder Gott, aber auch als einen barmherzigen und liebenden Herrn. 

Gott bewies es mehrmals, dass er unvergleichlich der Höchste auf Erden ist und gewaltige Wunder tut. Und genau diese Erkenntnis Gottes führt zu dem höchsten Gebot. Es ist die logische Folge von dem, was Gott an seinem Volk getan hat. 

So ist es auch bei uns im Leben. Gott hat bei den meisten von uns große Wunder getan und sich als mächtig in unserem Leben erwiesen. In einem geistlich viel besungenen Lied heißt es in einer Strophe wie folgt: 

Zähl die Gaben, denke täglich dran und du wirst dich wundern, was dir Gott getan!”

Mit diesem Artikel möchte ich dich ermutigen, die Gnadengaben Gottes in deinem Leben zu zählen und aus tiefer Dankbarkeit den Herrn mit all dem, was du bist und hast, zu lieben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert