Die geistliche Schweiz

Wenn du diesen Titel liest, lässt es sich fast nicht vermeiden, unterbewusst für einen kurzen Moment an die Schweiz zu denken. Viele von uns, die diese Zeilen gerade lesen, waren schon in der Schweiz. Sei es zum Skifahren, Raften oder während einer Autodurchfahrt, bei der sie die schöne Landschaft betrachten durften.

Man kann sich jedoch auch in der Schweiz aufhalten, ohne es zu bemerken oder es bewusst wahrzunehmen. Fast unbemerkt passiert man diese Landesgrenzen. Befindet man sich erst einmal dort, gestaltet sich die Rückkehr als äußerst schwierig. Oftmals reicht dazu die eigene Kraft nicht aus und Hilfe von unseren Mitmenschen ist notwendig.

Die Rede ist von der geistlichen Schweiz. Von einem Zustand der Lauheit und Trägheit, in welcher sich viele Christen – besonders in der letzten Zeit – befinden.

Und genau darum soll es in diesem Artikel gehen. Im Folgenden werden die typischen Eigenschaften der Schweiz ins Verhältnis zu unserem geistlichen Leben gesetzt und daraus wichtige Lektionen für unser Leben gewonnen.

Die sichere Unsicherheit

Wir selber kennen die Schweiz als ein sehr schönes, unabhängiges und recht sicheres Land. Der Staat an sich hatte schon lange kein Krieg und ist scheinbar militärisch gut aufgestellt. Darüber hinaus sind die Eidgenossen bekannt für ihren Reichtum, die Banken, die eigene Währung und den allgemeinen Wohlstand im Volk. Zum Beispiel ist die Schweiz prozentual gesehen das Land mit den meisten Sportwagen. 

Aber welche Gefahr bedroht eigentlich so ein behütetes und beständig wachsendes Land und wie sollen wir das auf unser geistliches Leben projizieren? 

Kurz gesagt: Es ist der Krieg. Im Prinzip ist jedes Land dieser Gefahr ausgesetzt, vor allem jetzt in dieser Zeit. Die Schweiz aber sticht zumindest in Europa durch ihre besondere Stellung hervor. Der Grund liegt darin, dass sie seit über 100 Jahren ihre Neutralität gewahrt hat. Mehr als 100 Jahre lang kein Krieg, keine Verwüstung, keine Zerstörung und kein Leid. Aus diesem Grund erwartet kaum jemand, dass sie angegriffen werden, am wenigsten die eigene Bevölkerung. Aber was ist, wenn dieser unvorstellbare Fall eintritt? Was ist, wenn die scheinbare Sicherheit plötzlich wegbricht?

In der Geschichte der Menschheit ist dies immer wieder vorgekommen:

Die Belfaster Reederei Harland & Wolff und der Kapitän Smith, der die Titanic bei ihrer Jungfernfahrt steuerte, waren sich ihrer Sicherheit so überzeugt, dass sie von sich gaben: „Selbst Gott kann dieses Schiff nicht versenken!“ Wir kennen aber das traurige Ende der Titanic, bei dem 1.523 Menschen ums Leben kamen. 

Aus dem Wort Gottes kennen wir den König Nebukadnezar, der in seiner Selbstsicherheit prahlte: „Ist das nicht das große Babel, das ich mir erbaut habe zur königlichen Residenz mit meiner Gewaltigen Macht und zu Ehren meiner Majestät?“ (Dan. 4,27). Auch seine Selbstsicherheit brachte ihn in einen bemitleidenswerten Zustand: Er lebte wie ein Tier. Sieben Jahre ohne Verstand, ohne Ruhm und Ehre verbrachte er in der Wildnis. Diese lange Zeit war notwendig gewesen, damit er erkannte, dass er völlig abhängig gegenüber Gott ist. Ohne seinen souveränen Willen geschieht nichts auf Erden.

Die Botschaft ist klar: Auch in unserem Leben können wir durch die scheinbare Selbstsicherheit in eine Art „geistlichen Ruhezustand“ kommen. Die Folgen davon sind oftmals schwerwiegend.

Ein bisschen Schweiz in Laodizea

Im Buch der Offenbarung finden wir sieben neutestamentliche Gemeinden. Jede von diesen hatte eine äußerst unterschiedliche Beurteilung unseres Herrn Jesus erhalten. Diese Briefe decken das Abweichen der Gemeinden vom göttlichen Weg und ihren Verfall auf. Die Sendschreiben ermahnen die Christen der jeweiligen Gemeinden, bei ihrem Herrn und seinem Wort zu bleiben. Besonders eine lokale Gemeinde weist große Parallelen zu den Merkmalen der „geistlichen Schweiz“auf. Hierbei sind Christen aus Laodizea gemeint. Bei ihnen hatte sich nämlich folgende Denkweise festgesetzt: „Ich bin reich und habe Überfluss, und mir mangelt es an nichts!“ (Offb. 3,17a)

Doch darf eine Gemeinde Christi sich anmaßen, so etwas über sich selbst zu behaupten? Sagt nicht Jesus selbst in seinem Wort:

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Joh. 15,5)

Ferner drückt Paulus über Jesus Folgendes in Kol. 1,17-19 aus:

„Und ER ist vor allem, und alles hat seinen Bestand in IHM. Und ER ist das Haupt der Gemeinde, ER, der der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem der Erste sei. Denn es gefiel Gott, in IHM alle Fülle wohnen zu lassen“.

Hier erkennen wir, dass Christus das absolute Zentrum ist. Es ist alles durch ihn, für ihn und zu ihm gemacht worden. Also sollte unser gesamtes Leben mit allen Lebensbereichen, ja, auch der geistliche Erfolg in völliger Abhängigkeit zu Jesus Christus stehen. Denn getrennt von ihm können und werden wir nichts ausrichten. 

Unabhängig sein von Jesus

Diese Problematik zeichnet sich ganz deutlich in der Denkweise der Laodizäer Gemeinde ab. Dadurch, dass sie meinten, alles zu besitzen, keinen Mangel zu haben und nicht jemanden um Rat fragen zu müssen, kündigten sie Jesus ihre Abhängigkeit. Dieses Verhalten jedoch verrät große Gleichgültigkeit, Selbstsicherheit und Hochmut. Mit dem Ausspruch „Mir mangelt es an nichts“ beanspruchten sie Vollkommenheit und Unfehlbarkeit. Sie drückten damit aus, dass sie geistlich alles erreicht hätten. In Wahrheit aber hatten sie Christus aus den Augen verloren und meinten, es ist nicht mehr notwendig, „geistlich arm“ zu sein. Das Schlimme dabei war, dass der eigene Zustand gar nicht erkannt wurde. Sie gingen davon aus, dass sie mit Gott sind und den echten Glauben auslebten. Dabei war das Urteil des Herrn Jesu über diese Gemeinde erschreckend und ernüchternd:

„Und du erkennst nicht, dass du elend und erbärmlich bist, arm, blind und entblößt.“ (Offb. 3,17b)

„So aber, weil du lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund.“ (Offb. 3,16)

Welch ein Gegensatz, welch eine Enttäuschung und Aufdeckung des Selbstbetrugs. Kann Gott hier nicht anders beurteilen oder richten? Nein, denn Lauheit kann Jesus nicht dulden und ertragen. Dazu finden wir in seinem Wort immer wieder die Bestätigung. (vgl. Jer. 48,10).

Lässigkeit ist eine Form von Lauheit, aber wir sollen Gott eigentlich mit ganzem Herzen lieben, mit voller Kraft, in völliger Abhängigkeit und völliger Liebe und Demut.

Dahin möchte Jesus die Laodizäer wieder bringen, denn weiter heißt es in Vers 18:

„Ich rate dir, von mir Gold zu kaufen, das im Feuer geläutert ist, damit du reich wirst, und weiße Kleider, damit du bekleidest und die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird; und salbe deine Augen mit Augensalbe, damit du sehen kannst!“

Zurück zu Jesus

Die Gemeinde in Laodizea nahm an, alles zu besitzen. In Wahrheit besaß sie aber gar nichts. Christus spielte in ihrem Leben nicht mehr die Hauptrolle und deshalb wurden sie lau. Deshalb forderte er die Laodizäer auf sich aufzumachen und:

  1. geläutertes Gold zu kaufen: Das bedeutet, die Fülle Gottes durch Jesu Blut anzunehmen. Vor allem bedeutet es sich reinigen zu lassen von aller Schlacke, es immer wieder umsonst anzunehmen und davon abhängig zu bleiben. Sein Gold ist immer getrennt von der Schlacke. Das Kreuz ist der einzige Schlüssel zum wahren Reichtum. 
  2. Weiße Kleider zu bekommen: Um einstmal vor dem heiligen Gott bestehen zu können, müssen wir reine weiße Kleider tragen. Das ist das Kleid der Gerechtigkeit, das man erhält, wenn alle Sünden durch das Blut abgewaschen sind. Es ist kein Kleid aus unserem Kleiderschrank, sondern ein Kleid aus seinem, welches er wiedererkennen und anerkennen wird.
  3. Augensalbe: Die Augensalbe ist enorm wichtig, um überhaupt wieder sehen zu können, besonders seinen eigenen Zustand vor Gott. Dieses Überprüfen vollführt der Heilige Geist. Es ist wichtig, Gott immer darum zu bitten, dass er unsere Herzen und Gedanken prüfe und sie erforschen solle, damit wir klar sehen, wie wir es mit ihm meinen. 

Auf den Prüfstand stellen

Vielleicht denken wir heute, dass dieses Thema nur die Laodizäer betroffen hat. Doch ist nicht gerade das Thema „Lauheit“ in unserer Jugend und allgemein in der Christenheit sehr wichtig? Wenn wir auf die globale Christenheit schauen, müssen wir doch feststellen, wie leer die Kirchen doch sind und wie „sanft“ doch das Evangelium gepredigt wird. Wie oft wird alles miteinander vermischt und man sich dennoch in eine große Selbstsicherheit und Errettung wiegt. Wie sieht es heute bei dir/uns aus? Wir möchten dir einige Fragen stellen, an denen du dich prüfen kannst, ob du tatsächlich noch mit Jesus gehst, oder ob du dich in einer „geistlichen Schweiz“ befindest, ohne es selbst zu merken.

– Liebst du Jesus heute noch genauso stark wie damals bei deiner Bekehrung?

– Bist du brennend im Geist und  bist für Jesus im Gebet, im Gutestun, beim Wortlesen?

– Bist du ein eifriger Träger seines Evangeliums?

– Treibt dich die Liebe Jesu zu Menschen, die ihn nicht kennen; erzählst du ihnen von ihm?

– Ist es dir wichtig, Gebetsstunden, Chorstunden, Jugendstunden, Gemeindestunden nach bester Möglichkeit zu besuchen?

– Tut es dir heute noch weh, wenn dein Bruder fällt und bist du bereit, ihn mit Jesu Hilfe wieder aufzurichten?

– Spürst du bei all dem Segen, den du von ihm bekommst, dennoch deine geistliche Armut und Abhängigkeit?

– Sind alle deine Lebensbereiche und Entscheidungen seinem Willen unterordnet?

– Lässt du dich gerne von ihm korrigieren?

Durch diese Fragen lässt es sich ganz gut überprüfen, ob Jesus wirklich Mittelpunkt unseres Lebens ist oder nicht. In einer geistlichen Schweiz zu leben bringt uns absolut keine Vorteile. Sie basiert lediglich auf Selbstbetrug und hat somit keinen Bestand vor ihm. Möge Gott uns helfen, dass unsere Ambitionen, Glauben und  Liebe ungeheuchelt und wahrhaftig sind. Amen.

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