Die Treue ist eine der größten Tugenden (d.h. wertvolle Eigenschaft) eines Christen. Wir hören immer wieder auf unterschiedlichen Ebenen, wie grundlegend sie ist. Gerade in unserer heutigen Gesellschaft scheint sie immer mehr abhandengekommen zu sein. Versprechungen von gestern gelten heute nicht mehr. Zusagen verlieren immer mehr an Gewicht. Man will maximal „flexibel“ sein und sich nicht festlegen müssen. Diese Einstellung färbt auch auf die Gemeinde ab. Besonders auf die Jugend. So ist es nicht verwunderlich, wenn wir oftmals die Aussage hören:
„Der Jugend fehlt die Treue!“
Was bedeutet „Treue“?
Einige verbinden in ihrer Vorstellung die Treue mit der Ehe. Das bedeutet ganz konkret, dem Partner nicht fremd zu gehen. Treue ist jedoch nicht allein auf die Ehe zu beschränken, sondern sie ist viel umfassender, als wir oftmals denken.
Für Treue in unserem Leben gibt es viele alltagsnahe Beispiele:
– Man wird abends von Freunden eingeladen und sagt zu. Doch dann ergibt sich etwas besseres und man kann plötzlich doch nicht kommen.
– In der Gemeinde wird Hilfe gebraucht. Man gibt dem entsprechenden Organisator Bescheid zu erscheinen. Kurz vorher merkt man dann, dass die Motivation nicht ausreicht und lässt es bleiben.
– Zuhause bitten die Eltern um Hilfe. Es wird weitestgehend ignoriert, weil man einfach besseres zu tun hat.
Interessant ist, wie die Bibel zu dem Thema „Treue“ steht und es definiert. Wie fast kein anderer Abschnitt aus der Bibel, beschreiben folgende Verse das Wesen der Treue so klar und deutlich:
„Mein Sohn, hast du dich für deinen Nächsten verbürgt, für einen Fremden dich durch Handschlag verpflichtet, bist du durch ein mündliches Versprechen gebunden, gefangen durch die Worte deines Mundes, so tu doch das, mein Sohn: Rette dich, denn du bist in die Hand deines Nächsten geraten! Darum geh hin, wirf dich vor ihm nieder und bestürme deinen Nächsten. Gönne deinen Augen keinen Schlaf und deinen Lidern keinen Schlummer! Rette dich aus seiner Hand wie eine Gazelle und wie ein Vogel aus der Hand des Vogelstellers!“ (Spr. 6,1-5)
Wir sehen also anhand dieses Abschnittes, dass Treue bedeutet,
- das zu halten, was man verspricht und
- zuverlässig gegenüber einer anderen Person zu sein.
Treue bindet
Du bürgst für den Nächsten, hast dich verpflichtet oder was heute am meisten geschieht: DU HAST DICH MIT DEINEM WORT GEBUNDEN, DICH GEFESSELT DURCH DAS, WAS DU SAGST. Dann hat dich der andere in seiner Gewalt! Warum?
Die Antwort darauf gibt uns folgende biblische Geschichte:
Nach dem Auszug aus Ägypten eilen die Israeliten unter Josua von Sieg zu Sieg. Erst fällt das mächtige Jericho und auch Ai kann der Heeresmacht nicht standhalten. Erschrocken durch diese gewaltigen Siege beschließen die Gibeoniter durch eine List, einen Friedensbund mit Josua auszuhandeln. Der Plan geht auf: Gebunden an ihr Versprechen können die Israeliten während ihres Eroberungszugs die Gibeoniter nicht vernichten.
400 Jahre danach bricht Saul den Bund und tötet mehrere Menschen aus Gibeon.
Einige Zeit später gibt es unter König David eine schreckliche Dürreperiode. Es regnet insgesamt drei Jahre nicht. Nachdem David den Herrn befragt, bekommt er folgende Antwort: „Es ist wegen Saul; auf seinem Haus liegt eine Blutschuld, weil er die Gibeoniter getötet hat!“ (2.Sam. 21,1b). Die Gibeoniter hatten David und Gottes Segen für Israel in ihrer Hand. Auch wenn sie keine Juden waren und David nicht direkt mit Josuas Versprechen etwas zu tun hatte.
So ist es auch in unserem Leben. Oft stellen wir durch unsere Aussagen, die wir von uns geben, Gott gegen uns. In Sprüche 6 heißt es ausdrücklich: „Bestürme deinen Nächsten. Gönne deinen Augen keinen Schlaf“. Deswegen: Wenn du jemandem etwas versprochen hast, bleibe dran, bis du es erfüllt hast oder derjenige dich von deinem Versprechen freispricht.
Sprich dich aus!
Zugegeben, die Einleitung zu dem eigentlichen Thema war lang. Aber um die Treue Josefs zu verstehen, muss man dem auf den Grund gehen. Vieles ist einfach gesagt und in der Theorie funktioniert alles, aber praktisch fällt uns vieles doch auf einmal schwer.
Das kann darauf zurückzuführen sein, dass von dir zuhause als Kind nicht gefordert wurde, dass du deinem Worte treu bist. Vielleicht wurdest du aber selbst oft genug enttäuscht und dir wurde die Treue nicht gehalten. Vielleicht hast du dir in einer dieser Situationen noch nie Gedanken gemacht. Nimm dir die Zeit und sprich dich mit Gott aus. Hast du negative Situationen erlebt, dann rede mit ihm darüber. Wurdest du von Menschen verletzt, suche ein Gespräch mit den betreffenden Personen. Vergib denen, die dir gegenüber nicht treu waren und wenn es dir schwerfällt, rede mit den Brüdern in der Seelsorge darüber.
Im folgenden wollen wir detailliert die Treue Joseph betrachten, um ein tieferes Verständnis davon zu bekommen, warum Treue so wichtig ist:
Treue beginnt Zuhause
„Dies ist die Geschichte Jakobs: Josef war 17 Jahre alt, als er mit seinen Brüdern das Vieh hütete, und er war als Knabe bei den Söhnen von Bilhas und Silpas, den Frauen seines Vaters; und Josef brachte vor ihren Vater, was man ihnen Schlimmes nachsagte.“ (1.Mos. 37,2)
Wir sehen in diesem Vers, dass es Josefs Angewohnheit war, Negatives nicht zu verheimlichen. Welche Möglichkeiten hätte Josef gehabt, als er den schlechten Ruf seiner Brüder hörte?
– Er könnte sie schützen und nichts sagen.
– Er könnte ihnen sagen: „Brüder, passt auf, sonst bekommt es unser Vater mit“.
– Er könnte über sie vor anderen herziehen.
Aber was macht Josef stattdessen? Er geht zu seinem Vater. War diese Handlung richtig?
Wir müssen bedenken, dass über Josefs Brüder öffentlich geredet wurde. Das, was sie taten, war nicht aus Versehen. Sie schadeten bewusst den Ruf ihres Vaters. Für Josef stellte sich die Frage: Wem gilt meine Treue? Meinen Brüdern oder meinem Vater? Josef entschied sich für seinen Vater und musste es ihm deswegen berichten.
Die Treue zu seinem Vater zog sich beständig durch. Auch in der folgenden Begebenheit:
„Da sprach Israel zu Josef: Weiden nicht deine Brüder (die Herde) in Sichem? Komm, ich will dich zu ihnen senden! Er aber sprach: Hier bin ich!“ (1.Mos. 37,13)
Josef wusste sehr wohl, dass seine Brüder ihn beneideten und auf ihn eifersüchtig waren. Nicht einmal grüßen konnten sie ihn. (vgl. 1.Mos. 37,4) Der Hass auf den „geliebten Sohn“ ihres Vaters war zu groß. Und das bekam Josef deutlich zu spüren. Es war für ihn keine Lieblingsaufgabe, zu seinen Brüdern zu gehen und nach dem Rechten zu sehen. Wie hätte Josef sich davor drücken können?
– Dem Vater eine Absage erteilen?
– Zusagen und doch nicht gehen?
– Sich vielleicht krank stellen?
Aber keine von diesen Optionen zieht Josef in Betracht. Er geht, weil sein Vater es ihm gesagt hat.
Treue braucht eine klare Entscheidung
„Und der HERR war mit Josef, und er war ein Mann, dem alles gelang; und so durfte er im Haus seines ägyptischen Herrn bleiben. Und als sein Gebieter sah, dass der HERR mit ihm war und dass der HERR in seiner Hand alles gelingen ließ, was er unternahm, da fand Josef Gnade in seinen Augen und durfte ihn bedienen; und er setzte ihn zum Aufseher über sein Haus und gab alles, was er hatte, in seine Hand.“ (1.Mos. 39,2-4)
Eine Person, die sich mit einer Situation nicht abfinden kann, begleitet negative Erscheinungsbilder. Diese können sich zeigen in Unzufriedenheit, schlechte Laune, widerwilliges Arbeiten und eine traurige Ausstrahlung. Bei Josef ist davon nichts zu sehen. Treu wie er war, besuchte er seine Brüder und dieser Besuch blieb nicht ohne Folgen. Vom geliebten Sohn zu einem unbekannten Sklaven der Willkür fremder Händler ausgesetzt. Größer könnte der Fall kaum sein. Er sah er durch die ganze Fügung Gottes Willen und erklärte sich damit einverstanden. Josef entschied sich, den Weg mit Gott zu gehen. Er war Gott treu und als Resultat segnete Gott ihn.
Die Entscheidung, unabhängig von der Situation Gott treu zu sein, war das, was Josef so sehr ausmachte. Sie bewahrte ihn davor, das verlockende Angebot von Potifars Frau anzunehmen. Sie rettete ihn auch davor, sich später im Gefängnis selber aufzugeben. Gerade weil Josef alles daran setzte, sich nicht an Gott zu versündigen (vgl. 1.Mos. 39,9), war auch Gott treu zu ihm. Er schenkte ihm nicht selten das Wohlwollen der Menschen, die auch später mitverantwortlich für seinen beispiellosen Aufstieg waren.
Zu Josefs Zeit gab es vielleicht noch nicht die Gebote, die Gott später Mose in der Wüste gab. Jedoch kannte Josef von zuhause aus Gottes Prinzipien. Eine davon war zum Beispiel Folgende:
„Wenn ihr nun in meinen Satzungen wandelt und meine Gebote befolgt und sie tut, so will ich euch Regen geben zu seiner Zeit, und das Land soll seinen Ertrag geben, und die Bäume auf dem Feld sollen ihre Früchte bringen.“ (3.Mos. 26,3-4)
Was wäre, wenn….
„Du sollst über mein Haus sein, und deinem Befehl soll mein ganzes Volk gehorchen; nur um den Thron will ich höher sein als du! Und der Pharao sprach zu Josef: Siehe, ich setze dich über das ganze Land Ägypten!“ (1.Mos. 41,40-41)
Wäre Josefs Laufbahn so verlaufen, wenn er seinem Vater nicht treu gewesen wäre, sondern mit seinen Brüdern mitgemacht hätte? Wenn er bei Potifar nicht mit Gottes Willen einverstanden und unzufrieden wäre, wäre er dann so weit gekommen? Was, wenn er das Angebot Potifars Frau angenommen und nicht auf Gott geschaut hätte? Wenn er im Gefängnis resigniert hätte und auf Gott beleidigt wäre, hätte er das entscheidende Treffen mit dem Bäcker und dem Mundschenk gehabt?
Aber gerade weil Josef unbeirrt an Gott festhielt, konnte Gott ihn für seinen allumfassenden Plan gebrauchen.
Zusammengefasst ist unsere Einstellung zur Treue eine der wichtigsten Tugenden. Wir sollten alles daran setzen und daran arbeiten, treu zu sein. Zuerst unseren Eltern gegenüber und dadurch auch Gott, durch das Gebot „Ehre Vater und Mutter“. Wenn wir Gott treu sind, werden wir dies auch in andere Lebensbereiche übernehmen. Gott wird auf unsere Treue antworten.