Warum richten wir gerade in der heutigen Zeit, am Ende der irdischen Geschichte der Kirche, zunehmend unsere Aufmerksamkeit auf Ephesus? Die Gemeinde, die an Pfingsten geboren wurde, lebte zur Zeit von Paulus´ Briefen in ihrer geistlichen Jugendblüte.
Vergleich mit dem Volk Israel
Der Herr sprach einst während der alttestamentlichen Zeit durch den Propheten Jeremia schmerzerfüllt zu seinem Volk:
„Und das Wort des Herrn erging an mich folgendermaßen: Geh hin und rufe in die Ohren Jerusalems und sprich: So spricht der HERR: Ich denke noch an die Zuneigung deiner Jugendzeit, an deine bräutliche Liebe, als du mir nachgezogen bist in der Wüste, in einem Land ohne Aussaat.“ Jer. 2,1-2
Ich möchte an dieser Stelle eine Parallele zwischen Ephesus und Israel ziehen. Wie die Christen, die in einer vom Okkultismus geprägten Stadt lebten, es nicht leicht hatten, an der wahren Lehre festzuhalten, so war auch der Beginn der Wüstenwanderung des auserwählten Volkes sehr beschwerlich. Die Israeliten durchwanderten ein unfruchtbares Land, in welchem ihr Leben vom himmlischen Manna und dem Wasser aus dem Felsen abhing. Jeder falsche Schritt zur Seite konnte den Tod bedeuten. Auch die Gemeinde in Ephesus war in ihrer Anfangszeit schweren Verfolgungen ausgesetzt und lebte in vollkommener Abhängigkeit Gott gegenüber.
Die Heilige Schrift widmet der Gemeinde Ephesus mehr Aufmerksamkeit als jeder anderen Gemeinde: In der Apostelgeschichte erfahren wir die Geschichte ihrer wundersamen Bekehrung. Später schreibt Paulus einen Brief an die Epheser aus dem Gefängnis, welcher oft als Höhepunkt des Neuen Testaments bezeichnet wird. In der Offenbarung lesen wir dann die Worte, die der Herr selbst etwa 40 Jahre später an die Gemeinde richtet.
Die Liebe der Braut Christi
Zu Beginn seiner dritten Missionsreise kam Paulus nach Ephesus und fand Gläubige, die sich selbst Jünger Jesu nannten, allerdings noch nichts vom Heiligen Geist wussten. Nachdem sie mit dieser Gabe getauft wurden, leerte sich der Tempel der Artemis in Ephesus zunehmend. Ehemalige Zauberer, die sich Christus zuwandten, sammelten riesige Stapel dämonischer Bücher, um sie zu verbrennen. Einstige Tempelpriesterinnen der Liebe, die nun im Blut Christi gewaschen und mit der Liebe des Heiligen Geistes erfüllt wurden, führten ein heiliges Leben und trugen das Licht des Evangeliums zu den Verlorenen. Es war wahrhaftig eine herrliche Wiedergeburt, gekennzeichnet durch die erste Liebe im Heiligen Geist (siehe Apg. 19).
Durch die Bekehrung verändert
Ein Arbeitskollege fragte einmal einen Bruder aus der Gemeinde, welcher Kirche er angehöre. Er antwortete: „Der Kirche Christi.“ Der Kollege gab sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden und erkundigte sich nach der genauen Adresse der Gemeinde.Nachdem der Christ sie ihm nannte, bemerkte der Kollege: „Ah, dort sind die ehemaligen Trunkenbolde.“ Menschen schauen auf die Vergangenheit. Durch Christus sind wir jedoch eine neue Schöpfung und dürfen hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Wir sind geheiligt durch sein Blut, damit wir in einem neuen Leben des Geistes wandeln.
Die Christen von Ephesus wussten, dass persönliche Heiligkeit unabdingbar ist, um in der Liebe des heiligen Gottes zu bleiben. Der Apostel Paulus schrieb ihnen aus dem Gefängnis folgende Worte:
„Paulus, Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes, an die Heiligen und Gläubigen in Christus Jesus, die in Ephesus sind. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen [Regionen] in Christus, wie er uns in ihm auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe.“ Eph. 1,1-4
Sie brannten vor Liebe zu ihrem Erlöser und Herrn.
Bilder für die Gemeinde
In den sechs Kapiteln wird die Gemeinde jeweils in unterschiedlichen Bildern beschrieben. Diese Botschaft gilt nicht nur der örtlichen Gemeinde in Ephesus, sondern allen, die am Leibe Christi Anteil haben.
Im ersten Kapitel wird die Bedeutung der Gemeinde als der Leib Christi hervorgehoben (Eph. 1,22-23). Wenn wir uns mit diesem identifizieren und ein Teil des Leibes sind, wird uns jede Unheiligkeit und Sünde, die ihn befleckt, aufrichtig schmerzen.
Das nächste Kapitel stellt die Gemeinde als Tempel dar (Eph. 2,20-22).
Sie ist der Tempel Christi, Er selbst ist der Eckstein und Baumeister. Wir sind auserwählt als lebendige Steine zum heiligen Werk.
Anschließend wird im dritten Kapitel auf die geistliche Bedeutung der Gemeinde eingegangen. Sie gilt als ein Geheimnis, etwas Heiliges und Verborgenes, durch dessen Bau die Größe Gottes im Universum offenbart wird. Seine Wege sind unerforschlich und spornen uns zum Nachsinnen an.
Im vierten Kapitel steht die Gemeinde für den neuen Menschen: Bist auch du ein neuer, wiedergeborener Mensch, geschaffen zu guten Werken, um Christi Wesen in die Welt zu tragen?
Eine besonders liebevolle Darstellung ist die des hingebungsvollen Brautpaares. Diese innige Verbindung zeigt uns besonders deutlich, welche Einstellung wir zu Christus haben sollten. So wie die Gedanken der Braut stets um ihren Bräutigam kreisen, so sollen auch wir all unser Denken auf Christus ausrichten.
Im sechsten Kapitel finden wir das kraftvolle Bild eines Kriegers. Die Gemeinde befindet sich in einem andauernden geistlichen Kampf. Jeder Einzelne von uns wird in diesem Krieg angegriffen. Das Schlachtfeld, unser Herz, wird andauernd attackiert.
Ich wünsche besonders den jungen Christen, diese Darstellungen nicht nur zu lesen, sondern auch entsprechend der Aufforderungen zu leben und in Christi Kraft zu kämpfen und zu siegen.
Ephesus im Buch der Offenbarung
Wenn ich mich richtig erinnere, war es Wilhelm Busch, der einmal fragte: „Wann war das letzte Mal, dass du nicht einschlafen konntest – nicht wegen Beleidigungen oder Ängsten – sondern wegen der Freude, Christus zu haben?“ Ein interessanter Gedanke, über den es sich lohnt, nachzudenken.
Leider wird die Gemeinde Ephesus oft mit dem Verlassen der ersten Liebe in Verbindung gebracht. Zeitlich liegen weniger als vierzig Jahre zwischen den Briefen an die Epheser und der Offenbarung des Johannes. Christus sagte, dass er all die Hingabe und Mühe kennt und sich erinnert, doch…
„Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast.“ Offb. 2,4
Mein Blick fällt hier besonders auf das bittere Wort „verlassen“ – nicht irgendwo verloren, sondern bewusst als unnötig erachtet und zurückgelassen. In unserer Zeit sind Beziehungen oft nur noch von bloßem Pflichtbewusstsein geprägt. Der Teufel hat es geschafft, die Institution der Familie in einer gottlosen Welt durch Ausschweifung und Gefühllosigkeit fast zu zerstören. Von Liebe ist allzu oft leider nichts mehr zu spüren. Doch eine solche Beziehung ist eine Beleidigung für den, der die Herrlichkeit des Himmels gegen ein beschämendes Kreuz für seine Braut eintauschte.
„Bedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke! Sonst komme ich rasch über dich und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegstoßen, wenn du nicht Buße tust!“ Offb. 2,5
Gott spricht auch heute zu dir: „Ich erinnere mich an deine erste Liebe, deine Liebe, als du meine Braut warst, als du mir in die Wüste folgtest, in das öde Land. Kehre um, kehre zurück nach Golgatha, und deine Liebe wird sicherlich wieder entflammen!“Lass Gott, den Herrn, wieder neu in dein Herz einziehen und mache ihn zum Mittelpunkt deines Lebens. Du wirst spüren, wie er dich durch trägt und dich mit großer Freude erfüllt.
Jesus, meine Freude!
Ein kurzes Zeugnis zum Nachdenken: Es war mein letztes Treffen mit Dmitry Bespalov.
Der ältere Bruder, der gerade von einer Missionsreise zurückgekehrt war, setzte sich neben mich. Er wirkte sehr müde, und es tat mir leid für ihn. Wir hatten aber vereinbart, ihm eine Möglichkeit zum Predigen zu geben. Ich gab ihm ein Zeichen, als er an der Reihe war und erinnere mich bis heute an die sichtbare Veränderung in ihm. Mit einem Ruck stand er auf, ging zur Kanzel und seine Augen brannten. Die vorderen Bänke waren mit jungen Leuten besetzt. Er streckte seine Hand nach ihnen aus und sprach: „Jugend! Vom Herrn gebraucht zu werden, ist ein Vergnügen und eine Freude!“ – und noch einmal: „Jugend, vom Herrn gebraucht zu werden, ist Freude.“